Barbara Austel und Andreas Beck

Starkes Handwerk

Barbara Austel und Andreas Beck sprechen über die Stärken des Holzhandwerks, über die Pflege der Tradition und Wege in die Zukunft.

Zwei Köpfe, die das Handwerk kennen und lieben: Die Schreinerin und Betriebswirtin Barbara Austel ist die Enkelin des Festool Firmengründers Gottlieb Stoll. Als Gesellschafterin und Aufsichtsratsvorsitzende von Tooltechnic Systems (TTS) und Festool ist sie im Unternehmen aktiv. Andreas Beck stammt aus einer Zimmerer-Familie aus Markdorf im Bodenseekreis, deren Betrieb schon bald in der vierten Generation geführt wird. Der Zimmermann ist Ausbildungsmeister am Holzbau Bildungszentrum Baden-Württemberg in Biberach an der Riß. Wir haben mit beiden über die Stärken des Holzhandwerks, über die Pflege der Tradition und Wege in die Zukunft gesprochen.

FM: Sie stammen beide aus Familienunternehmen, die bald ihr 100-jähriges Jubiläum feiern können. Wieviel Tradition steckt in Ihrer Arbeit?

Barbara: Mein Großvater Gottlieb Stoll hat 1925 gemeinsam mit Albert Fezer das Unternehmen Festo gegründet. Seine Söhne Kurt und Wilfried übernahmen die Firmenleitung, seine Tochter Gerda Maier-Stoll wurde im Jahr 2000 Eigentümerin der Marke Festool. Ich bin als Enkelin von Berta und Gottlieb Stoll im Unternehmen aktiv. Das ist schon eine lange Familientradition, die einerseits verpflichtet, aber auch unglaublich bereichernd ist auf dem Weg in die Zukunft.

Andreas: Das ist bei uns ganz ähnlich. Mein Großvater gründete 1925 seinen eigenen Zimmerei-Betrieb in Markdorf. Er war schon immer sehr fortschrittlich und hat bereits nach dem Krieg schlüsselfertige Häuser gebaut, eineinhalbgeschossig, mit den tollsten Treppenanlagen. Mein Vater hat dann in den 1960er-Jahren den Betrieb übernommen. Heute führt mein älterer Bruder die Geschäfte. Wir pflegen unsere Tradition, auch mit modernsten Mitteln. Diese Haltung versuche ich als Ausbildungsmeister am Holzbau Bildungszentrum Baden-Württemberg auch der jüngeren Generation zu vermitteln.

FM: Was heißt das konkret?

Andreas: Das Holzhandwerk ist ja ein äußerst traditionsreiches Handwerk. Die ältesten Dachstühle, die wir heute noch kennen, sind um die 1.000 Jahre alt. Vor einigen Wochen war ich als Experte zu Besuch bei einer Firma im französischen Metz, die den 60 Meter hohen Vierungsturm der Kathedrale Notre-Dame in Paris wiederaufbaut. Da erlebt man traditionelle Holzbaukunst hautnah. Und man lernt auch viel über die Werkzeuge und Techniken, die damals eingesetzt wurden.
Barbara Austel und Andreas Beck

„Unsere lange Familientradition verpflichtet, aber sie ist auch unglaublich bereichernd auf dem Weg in die Zukunft.“

Barbara Austel, Aufsichtsratsvorsitzende von Tooltechnic Systems 

FM: Handwerkliche Techniken und insbesondere die Werkzeuge haben sich im Wandel der Zeit verändert. Was treibt diese Entwicklungen an?

Barbara: Was uns antreibt, ist das Vertrauen in die Stärke des Handwerks verbunden mit der Motivation, dass wir als Werkzeughersteller einen aktiven Beitrag dazu leisten können. Entscheidend sind für uns in der Weitentwicklung der Werkzeuge zwei Aspekte: Erstens der Systemgedanke, der uns nicht nur von den Mitbewerbern abhebt, sondern auch von unseren Kunden sehr geschätzt wird; und zweitens der Austausch mit den Kunden, damit wir ganz eng an ihren Anforderungen und Bedürfnissen dran sind.
Barbara Austel und Andreas Beck

FM: Gelingt das aus Ihrer Sicht, Herr Beck?

Andreas: Ich denke schon. Festool ist absolut innovativ – das betrifft einzelne Lösungen und clevere Details genauso wie das gesamte System. Dass sich das Holzhandwerk und die Werkzeuge kontinuierlich weiterentwickeln, geschieht ja sozusagen Hand in Hand. Bei uns in der Aus- und Weiterbildung werden gerade im Maschinenkurs oftmals die Augen groß und größer, weil man eben mit den richtigen Werkzeugen die eigene Arbeit enorm erleichtern oder verbessern kann. Auch der Gesundheitsschutz spielt in modernen Betrieben mittlerweile eine zentrale Rolle.

Barbara: Dass man mehr als nur einen Gedanken darauf verwendet, wie man die tägliche Arbeit erleichtern oder verbessern kann, ist auch eine Frage der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Als ich vor über 25 Jahren meine Schreinerausbildung gemacht habe, war zum Beispiel das Thema Gesundheitsschutz zwar präsent, aber natürlich nicht so ausgeprägt wie heute. Auch da ist Festool schon sehr lange vorne mit dabei. Wir sind bis heute der einzige Werkzeughersteller, der seine Absaugmobile selbst entwickelt und produziert.

Barbara Austel und Andreas Beck

FM: Braucht ein starkes Handwerk auch starke Werkzeuge?

Andreas: Die Akku-Technologie hat das Holzhandwerk enorm weitergebracht. Und mit der zunehmenden Digitalisierung stehen bereits weitere Entwicklungsschritte an. Wir haben im Holzbau einen Boom hinter uns, der uns allen sehr geholfen, aber auch viel abverlangt hat. Deshalb sollte man Stärke nicht mit purer Leistungsfähigkeit und Effizienz verwechseln. Ich finde es stark, wenn jemand das, was er oder sie tut, mit Begeisterung macht.

Barbara: Und dazu können begeisternde Werkzeuge beitragen. Wenn uns das gelingt, haben wir Vieles richtig gemacht.